Leitlinien für eine qualitätssichernde Prozessführung in der Bauteilreinigung
Diese vom Fachausschuss Reinigen des FiT erarbeiteten Leitlinien sollen eine Orientierung geben für den Erfahrungsaustausch, die Problemlösung und für das Erarbeiten von neuen Lösungen. Sie sind die Basis für die Zusammenarbeit zwischen den Anbietern in der Branche industrielle Bauteilreinigung und den Betreibern von Reinigungsanlagen und -maschinen innerhalb der Prozesskette Bauteilfertigung.
Das Leitlinienwerk enthält Grundsätze und Denkprinzipien zum Gestalten, Beherrschen und Optimieren der Reinigungsprozesse. Ziel ist das stabile Sichern der geforderten Bauteilsauberkeit mit einer technisch, wirtschaftlich und ökologisch optimalen Systemlösung. Dazu werden die wichtigsten Aspekte aus Sicht von Chemie und Verfahren, Anlagentechnik sowie Messen, Prüfen und Steuern als auch Wissensvermittlung und Qualifizierung einbezogen.
Grundsätze und Leitlinien
- Qualität erzeugen statt erprüfen erfordert Qualitätslenkung durch:
- kontinuierliche Kontrolle der Bauteilsauberkeit und regelmäßiges Überwachen der qualitätsbeeinflussenden Prozessparameter,
- erfassen und Bewerten von Veränderungen,
- rechtzeitiges Eingreifen in den Reinigungsprozess.
- Qualitätslenkung baut auf den Wirkungszusammenhängen zwischen der geforderten Bauteilsauberkeit und den qualitätsbeeinflussenden Prozessparametern auf.
- Prozessführung beinhaltet das Beherrschen des Reinigungsprozesses durch zielgerichtete Maßnahmen der Verfahrenstechnik und des Anlagenführers, unterstützt durch Mess-, Prüf- und Steuertechnik.
- Qualitätssichernde Prozessführung verlangt das verfahrenstechnische Abstimmen von Reinigen und wenn notwendig der Konservierung der Bauteile.
- Ziel der Prozessführung in der industriellen Teilereinigung ist das Sicherstellen einer hinreichenden Bauteilsauberkeit gemessen am jeweiligen Folgeprozess bei minimalem Ressourcenverbrauch.
- Wissensbasierte Prozessführung für eine konkrete Reinigungsaufgabe basiert auf fundamentalem, aufgabenunabhängigem Wissen („Wie funktioniert es im Allgemeinen?“) und neu zu entwickelndem, aufgabenspezifischem Wissen („Die detaillierte Lösung für den speziellen Fall?“).
- Diese Leitlinien gelten sowohl für die wässrige Reinigung als auch für die Reinigung mit Lösemitteln und entsprechend auch für weitere Reinigungsverfahren sowie -anlagen.
- Stabile Bauteilsauberkeit erfordert die Festlegung der Reinigungschemie in Abstimmung mit dem Verfahren.
- Qualitätssichernde Prozessführung verlangt, die Reinigungschemie und deren Wirkung im Prozess zu verstehen.
- Die Auswahl der Reinigungschemie und die Festlegung des Verfahrens basieren auf Kenntnis der Anforderungen an die Bauteilsauberkeit, der Art und Menge der Verunreinigungen und des Materials der Bauteile sowie des nachfolgenden Prozessschrittes (zum Beispiel Wärmebehandlung).
Die Festlegung der Reinigungschemie und des Verfahrens beschränkt die Universalität des Reinigungsprozesses. Nur jeweils ähnliche Bauteile (Geometrie, Material, Verunreinigung) lassen sich auf gleich hohem Qualitätsniveau reinigen. - Ausgewählte Reinigungschemie wirkt nur optimal, wenn deren Komponenten regelmäßig überwacht, gezielt dosiert und stabil gehalten werden. Gleiches gilt für Konservierungsmedien zum temporären Korrosionsschutz.
Bei Veränderungen in der Prozesskette (wie etwa der Einsatz neuer Kühlschmierstoffe in der Teilefertigung) ist der Einfluss auf die Bauteilreinigung zu beachten. Gegebenenfalls muss die Eignung des vorhandenen Reinigungsprozesses neu untersucht und bewertet werden. - Voraussetzung für die erfolgreiche Konservierung von korrosionsempfindlichen Bauteiloberflächen ist das Sichern der geforderten Bauteilsauberkeit sowie die Kenntnis der eventuell notwendigen Korrosionsprozesse.
- Qualitätssichernde Prozessführung verlangt das Verständnis der jeweiligen chemischen Eigenschaften und der Wirkungen einzusetzender Konservierungsmedien sowie deren Applikation, Trocknungsverhalten und Abreinigbarkeit.
- Ein wirtschaftlicher und ökologisch wirksamer Einsatz der Chemie setzt qualifizierte Anlagenführung voraus.
- Stabile Bauteilsauberkeit wird mittels geeigneter Anlagentechnik erzielt. Dabei müssen Teilespektrum, Verunreinigungsart und -menge innerhalb definierter Grenzen liegen.
- Stabile Bauteilsauberkeit erfordert reinigungsgerechtes Design der Bauteile und die reinigungsoptimierte Ausführung von Reinigungsträgern und Fördereinrichtungen.
- Die Auslegung der Anlagentechnik erfolgt nach Festlegung des erforderlichen Reinigungsverfahrens und der Auswahl des geeigneten Reinigungsmediums.
Für eine wirtschaftliche und prozesssichere Lösung ist es notwendig, die gesamte Prozesskette Bauteilherstellung zu betrachten und gegebenenfalls zu optimieren. - Die Auswahl der anzuwendenden Verfahren Waschmechanik (Spritzen, Fluten, Ultraschall) erfolgt entsprechend der Bauteilgeometrie, des Bauteil-Handlings (Einzelteil, gesetzte Bauteile, Schüttgut) sowie der Art der Verschmutzung.
Ultraschallparameter wie Frequenz, Dauer und Leistung müssen auf die Verschmutzung und auf die Oberfläche der Bauteile abgestimmt werden. Gleiches gilt für die Verfahrensparameter beim Spritzreinigen. - Um eine stabile Bauteilsauberkeit zu erzielen, müssen die qualitätsbeeinflussenden Prozessparameter innerhalb der Anlagentechnik kontrolliert oder automatisch überwacht werden.
- Eine stabile Bauteilsauberkeit erfordert regelmäßige Kontrolle und Aufbereitung des Reinigungsmediums sowie eine regelmäßige Wartung der Reinigungsanlage.
- Qualifiziertes Bedien- und Wartungspersonal sichert eine stabile Anlagenfunktion.
- Neben dem Teile- und Materialfluss im Reinigungsprozess ist der Informationsfluss aufzubauen und in die Prozessführung zu integrieren.
- Prozessbeherrschung basiert auf Kenntnis der Wirkungsmechanismen des Reinigungsprozesses und der möglichen Störmechanismen der gesamten Prozesskette sowie deren Zusammenhang mit der Teilesauberkeit.
- Das Überwachen der qualitätsbeeinflussenden Parameter im Reinigungsprozess durch geeignete Prozessmesstechnik und die Sauberkeitskontrolle der Teile durch geeignete Messgeräte führt zu erhöhter Prozessqualität und damit stabiler Bauteilsauberkeit.
Das Messen der Ist-Werte und deren Vergleich mit Soll- und Grenzwerten ermöglichen das Erfassen von Veränderungen und das Einleiten von Prozessführungsmaßnahmen. - Zur Kontrolle der Teilesauberkeit sind die Rückstände von Verschmutzungen zu erfassen. Dabei ist zwischen Partikeln und filmischen Verunreinigungen zu unterscheiden.
- Laboranalytik wird eingesetzt für die Fehleranalyse zur Identifikation der Ursachen von Prozessstörungen. Die Fehlerbehebung erfolgt durch das Ableiten und Umsetzen von Maßnahmen zum Optimieren der Prozessführung.
- Grundlagenwissen und Erfahrungen der Anbieter und Anlagenbetreiber zum Gestalten, Optimieren und Beherrschen von Reinigungsprozessen müssen verknüpft werden.
- Eine qualitätssichernde Prozessführung erfordert eine individuelle Schulung der Anwender durch die beteiligten Lieferanten.
- Firmeninternes Wissen und Erfahrungen müssen durch wettbewerbsübergreifende Kooperationen zwischen Anbietern und Anwendern aufbereitet und zugänglich gemacht werden.
- Wissenslücken zur qualitätssichernden Prozessführung sind durch zielgerichtete Forschung zu schließen.
- Ziel der Wissensvermittlung und Qualifizierung muss es sein, die Kompetenz der Entscheidungsverantwortlichen zu stärken, um eine praxisorientierte, qualitätsgerechte und effiziente Lösung auch bei speziellen Anforderungen zu erreichen.
Die Leitlinien wurden erarbeitet von
- Dr. Thomas Dreyer, Weber Ultrasonics AG
- Michael Flämmich, VACOM Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH
- Hartmut Herdin, fairXperts GmbH & Co. KG
- Robert Huber, PERO AG
- Roland Jung, Hermann Bantleon GmbH
- Ulrike Kunz, SurTec Deutschland GmbH
- Katja Mannschreck, Hochschule Heilbronn
- Markus Mitschele, Höckh Metall-Reinigungsanlagen GmbH
- Georg Render, Georg Render GmbH
- Wolfgang Schmitt, DODUCO GmbH
- Lothar Schulze, SITA Messtechnik GmbH
- Rainer Straub, Ecoclean GmbH
- Kerstin Zübert, Hermann Bantleon GmbH